ESSEN (dpa-AFX) - Mit einem Pfeifkonzert haben mehrere hundert wütende
Demonstranten am Montag gegen die geplante Übernahme des größten
deutschen Baukonzerns Hochtief  durch den spanischen
Konkurrenten ACS   protestiert. Während der
Hochtief-Aufsichtsrat Konzernchef Herbert Lütkestratkötter
demonstrativ den Rücken stärkte, erteilte Bundeswirtschaftsminister
Rainer
Brüderle (FDP) den Hilferufen des Managers eine Absage. Brüderle wolle
sich nicht in den Übernahmekampf beim Baukonzern Hochtief einmischen,
hieß es.

    Der Minister gehe davon aus, dass Hochtief und der spanische ACS-
Konzern vernünftige und faire Gespräche führen würden, sagte ein
Sprecher von Brüderle in Berlin. Hochtief hatte beim Kampf gegen eine
Übernahme auch auf Unterstützung der Bundesregierung gesetzt, damit
"die deutsche Bauindustrie international wettbewerbsfähig bleibt". Der
Betriebsrat betonte, man brauche die Unterstützung der Öffentlichkeit
und der Politik.

    Nur unter dem Schutz von Sicherheitsleuten konnten sich die beiden
Aufsichtsratsvertreter von ACS den Weg durch die aufgebrachte Menge
zu einer Sitzung des Hochtief-Kontrollgremiums in Essen bahnen. Die
Demonstranten befürchten eine Zerschlagung von Hochtief, sollte ACS
seine Pläne umsetzen. Der spanische Großaktionär des Baukonzerns
hatte vor gut zwei Wochen überraschend angekündigt, seinen Hochtief-
Anteil
mit einem Übernahmeangebot an die Aktionäre auf über 30 Prozent zu
erhöhen. Anschließend soll dann mit Zukäufen an der Börse die
Beteiligung
auf über 50 Prozent aufgestockt werden.

    ACS bekräftigte dagegen erneut seine freundlichen Absichten bei
Hochtief. Hochtief bleibe ein börsennotiertes Unternehmen mit Essen als
Firmensitz, hieß es darin. Tarifverträge und die Mitbestimmung der
Arbeitnehmer würden vorbehaltlos beachtet. Geplant sei eine
Kooperation,
die beiden Baukonzernen nütze.

    Die beiden ACS-Vertreter Ángel Garcia Altozano und Marcelino
Fernández Verdes stellten vor den Mitgliedern des Hochtief-
Kontrollgremiums ihr bereits vor gut zwei Wochen angekündigtes
Übernahme-Konzept vor. An der eigentliche Sitzung nahmen die beiden
dagegen
nicht mehr teil. Damit habe man mögliche Interessenkonflikte vermeiden
wollen, hieß es in einer Mitteilung von ACS.

    In einer nach der Sitzung verbreiteten Erklärung sprach
Hochtief-Aufsichtsratschef Detlev Bremkamp dem Hochtief-Chef das
Vertrauen aus.
Vor der erst Anfang November geplanten offiziellen Vorlage des Angebots
darf Hochtief die Offerte noch nicht bewerten. Lütkestratkötter
hatten jedoch erst vor einigen Tagen in einem Interview die Möglichkeit
einer solchen Übernahme als "grotesk" bezeichnet. "Wir teilen die
Einschätzung des Vorstands zur Ankündigung von ACS...", hieß es nun
lediglich in der Mitteilung des Aufsichtsrats.

    Hochtief-Vorstandschef Herbert Lütkestratkötter kündigte an, dass
man die Sorgen der Belegschaft "sehr ernst" nehmen werde. Der
Hochtief-Chef war zuvor von der Belegschaft mit stürmischem Beifall
begrüßt worden. IG Bau-Chef Klaus Wiesehügel, der auch im Hochtief-
Aufsichtsrat sitzt, unterstrich das Interesse seiner Gewerkshaft am
Erhalt der Hochtief-Arbeitsplätze.

    Der Hochtief-Konzernbetriebsratsvorsitzende Siegfried Müller warf
dem spanischen Unternehmen vor, den deutschen Konkurrenten ausplündern
zu wollen. "ACS will seine Bilanz aufbessern und Teile von Hochtief
verkaufen. Das werden wir nicht zulassen", kündigte Müller an. Die
Hochtief-Mitarbeiter trauten auch den Beteuerungen der Spanier nicht,
dass es zu keinen Einschnitten kommen werde./uta/tb/DP/edh